Vorlesung 12
Schlussvorlesung
Aus den Arbeiten von Ludwig Richter und der Zeit der Romantik
In dieser letzten Vorlesung werden wir uns mit dem Hindernis beschäftigen, welches sehr wahrscheinlich die Ursache dafür ist, dass die Religionen nicht fähig waren, sich von dem wissenschaftlichen Stand der Zeit der Gründung der Religion zu lösen und sich zur Aufgabe Gott hin zu entwickeln.
Denn über eine wissenschaftliche Religion wäre es möglich, dass alle Religionen (auch mögliche künftige exterrisische Religionen) in einem friedlichen Miteinander ohne Konflikte, ohne Abwertung, ohne Feindschaft existieren könnten.
Das wäre der wohl wichtigste Punkt, welcher vielleicht schon in naher Zukunft über das Bestehen einer jeden Religion unserer Welt entscheiden wird.
Eine solche friedliche Koexistenz zwischen den Religionen könnte möglich werden, wenn Religionen ….
… erkennen, dass alle Religionen das Wort Gottes verkünden
… bereit sind, ihre Dogmen in Wahrscheinlichkeiten zu transformieren
… den neuen Bereich der Theologie in die Diskussion ihrer Religion einbringen.
Begründungen:
1. Die Überlieferung des Wortes Gottes
Alle Religionen verkünden das auf ihre Weise empfangene Wort Gottes.
Die Tatsache aber ist, dass eine fehlerfreie und einzigartige Überlieferung nicht möglich sein kann, denn diese Überlieferungen der Worte Gottes sind zum Teil völlig gegensätzlich – siehe auch Vorlesung 7.
In [1] und Vorlesung 7 wird bereits der Nachweis geführt, dass die Unterschiede in den Überlieferungen der Worte Gottes nicht an den Worten Gottes liegen, sondern dass diese Unterschiede aus dem Verstehen bzw, dem falschen Verstehen dieser Überlieferungen entstanden sein können.
Am Beispiel eines Wortes wird in der dortigen Vorlesung gezeigt, dass zum Verstehen der richtigen Bedeutung der Empfangende über das gleiche Wissen wie Gott verfügen müsste, um diese Worte zu verstehen, was aber nicht möglich ist.
Darin finden wir die Erklärung, dass alle Religionen eigenartiger Weise immer nur Worte Gottes überliefern, welche in das Wissen der damaligen Zeit passen, und daher verstanden werden konnten. Alles, was Gott überliefern würde (eigentlich sind die Übermittler unsere Seelen, wie an anderer Stelle nachgewiesen wird) bräuchte zum Verständnis vom Hörenden den gleichen Wissens-Hintergrund wie Gott ihn selbst hat. Das bedeutet, dass ein Religionsgründer das gleiche Wissen wie Gott haben müsste, um alle seine Worte verstehen zu können. Solches aber ist nicht möglich.
Einfach gesagt, das Wissen des Religionsgründers zur Zeit der Religionsgründung kann wie ein Fingerhut gesehen werden, der aus dem Ozean des göttlichen Wissens seine Weisheit schöpft.
In dieser ersten Erkenntnis könnte der Grund dafür gesehen werden, dass die Religionen immer nur das Wissen der Zeit der Entstehung der Religion in ihrer Lehre präzise enthalten. Alles, was nicht verstanden werden kann, wird nicht gesagt oder nur der (vergebliche) Versuch unternommen, dieses Unbekannte zu formulieren, was dann zu den teilweise nicht verständlichen Teilen in den Überlieferungen geführt hat.
2. Die Transformation der Dogmen in Wahrscheinlichkeiten
Diese Vorbedingung der Veränderung von Dogmen in Wahrscheinlichkeiten ist sicherlich das Schwierigste, was eine Religion verstehen lernen muss. Doch diese Kraft zur Erkenntnis der Dogmen wird entscheidend dafür sein, ob eine Religion eine Zukunft haben wird oder ob diese Religion vergehen wird.
Die Beweisführung
Allen Religionen ist zu eigen, dass diese Religionen Thesen und Erkenntnisse aus den Überlieferungen in Dogmen zu festigen versuchen. Ein Dogma ist dabei eine Erkenntnis, welche aufgrund des aktuellen Wissensstandes als eine für alle Zeiten gültige Aussage fixiert wird.
Der Grund dafür ist erklärbar, denn solche Dogmen sind für den Zusammenhalt und das Fortbestehen der eigenen Religionsgruppe fast schon lebenswichtig. Die eigene Corporate-Identity entsteht im Grunde genommen hauptsächlich über diese Dogmen.
Wir haben aber im vorigen Abschnitt gesehen, dass die Überlieferungen in Teilen fehlerhaft sind.
Das bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit besteht, dass wir eines Tages neue Erkenntnisse zu den Dogmen finden werden, sei es durch Archäologie, sei es durch Wissenschaften, sei es auch durch Erkenntnis dann, wenn wir mit exterristischen Lebensformen in Kontakt kommen.
Was aber wäre dann die Folge, wenn sich ein Dogma, das als Teil der Religion zu den Grundsätzen der Religion gehört, als falsch erweist?
Das würde mit sehr großer Wahrscheinlichkeit das Ende der Religion bedeuten. Denn damit verliert diese Religion die eigene Identität, den Glauben an die Identität und damit die die Grundlage der Religion – diese Religion wird damit unglaubwürdig und lächerlich.
Erinnert sein an das (fast-) Dogma des sechstausendjährigen Bestehens der Menschheit und Welten im christlichen (und auch muslimischen) Glaubens. Die Archäologie und weitere wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, dass die Menschheit und die Welt eben nicht vor 6000 Jahren durch Gott erschaffen wurden, sondern schon viel länger, Millionen und Milliarden von Jahren bestehen.
Zum Glück wurde die Behauptung, dass die Welt vor 6000 Jahren erschaffen wurde, nicht als Dogma zertifiziert, und so schrammte die christliche (und muslimische(!)) Religion nur knapp an dem eigenen Ende vorbei. Denn aufgrund der fehlenden Dogmatik konnte der christliche Glaube das Ende der eigenen Religion dadurch verhindern, indem die Religion einen Kniff anwandte und behauptete, dass diese Aussage in der Bibel nur symbolisch gesehen werden muss (was aber absolut dem Dogma der Bibel entgegensteht, dass die Bibel dem absoluten Wort entspricht und davon nicht ein Punkt verändert werden darf).
Was aber wäre gewesen, wenn diese wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Dogma erhoben wären? Dann wäre die Basis der Religion beschädigt und die Menschen würden den Glauben an die Religion verlieren.
Führen wir den Gedanken weiter und fragen uns, was können wir tun, um diese sicherlich eines Tages eintretende Gefahr des Endes der eigenen Religion durch die Erkenntnisse zu fehlerhaften Dogmen zu verhindern.
Die Antwort ist einfach.
Denn wenn eine Religion lernt, die Dogmen so zu definieren, dass diese Dogmen immer nur den aktuellen Stand des Wissens beschreiben, also solange als gültig angesehen werden können, solange keine neuen Erkenntnisse diesen Dogmata widersprechen, dann wird die Religion nicht mehr durch neue mögliche andere Erkenntnisse geschädigt. Darin könnte der Schlüssel für das Fortbestehen der eigenen Religion gefunden werden.
Mehr noch.
Wir werden sicherlich eines Tages in Kontakt mit exterristischen Lebensformen kommen, und es kann als sehr wahrscheinlich angenommen werden, dass die Religionen der exterristischen Lebensformen andere, sicherlich auch in Teilen gegenteilige Erkenntnisse enthält. Mit der Fähigkeit, auf solche Änderungen der eigenen Dogmatik reagieren zu können (durch die Umwandlung eines Dogmas in eine Wahrscheinlichkeit, welche immer wieder neue Erkenntnisse gewinnen könnte), wird die irdische Religion nicht nur auf unserem Planeten bestehen können, sondern damit könnte auch die Verbreitung der eigenen Religion in die Welten der exterristischen Lebensformen möglich werden.
Wir können damit also den Schluss ziehen, dass die Umwandlung der Dogmen in Wahrscheinlichkeiten nicht nur den Fortbestand der eigenen Religion auf unserem Planeten wahrscheinlich werden lässt, sondern dass die eigene Religion damit die Chance hat, sich auf anderen Welten auszubreiten.
3. Den neuen Bereich der Theologie in die Diskussion der Religion einbringen
Die hier in diesen Vorlesungen beschriebenen und durch Beweisführungen bestätigten Elemente der neuen und wissenschaftlich erweiterten Theologie könnten das gemeinsame Band aller Religionen werden.
Das bedeutet, dass die heutigen Religionen durch ein äußeres, von einer Religion unabhängiges gemeinsames Band umrahmt werden.
Sozialpsychologisch ist ein solches gemeinsames Band stärker als alle Theorien.
Beispielsweise wird der Versuch der christlichen Kirchen, die „Abstammung“ von Abraham als gemeinsames Band zur Befriedung der beiden Religionen aufzubauen, von den mir bekannten Muslimen nicht als Grundlage einer gemeinsamen Herkunft gesehen, sondern dies wird eher als lächerlicher (und aus Sicht der Muslime auch verachtenswerter) Versuch einer sterbenden Religion gesehen, Gemeinsamkeiten zu erfinden.
Die Kraft eines solchen gemeinsamen Bandes finden wir beispielsweise in dem Nebengott unserer Gesellschaft, dem Fußballspiel. Die Anhänger örtlicher Fußballvereine, welche sich gegenseitig (noch) verbal bekämpfen, werden zu einer vereinten gemeinsamen Masse, wenn Länderspiele anstehen. Dann werden sogar aus tiefverwurzelten Gegnerschaften Schwestern unnd Brüder und diese bilden dann eine neue, sozial starke Gemeinschaft.
Genau dieser sozialpsychologische Mechanismus wird dann greifen, wenn ein solches (echtes) gemeinsames Band entsteht, das die unterschiedlichen Religionen zu einer neuen höheren Form einer Gemeinschaft werden lässt.
Damit würde dann etwas Wirklichkeit werden können, was in der Geschichte noch nicht geschehen ist, nämlich eine gemeinsame und friedliche Koexistenz der Religionen würde zu erschaffen.
Und dabei darf nicht vergessen werden, dass all die Religionen, welche dies erkannt haben und die neuen theologischen Erkenntnisse in ihre Religion einbinden (zumindest als erste Diskussionsgrundlagen), dann fähig sein werden, auch in einer künftigen Welt mit exterristischen Religionen in Frieden existieren zu können und damit den Fortbestand der eigenen Religion zu sichern.
Darüber könnte weiter nachgedacht werden.
Mehr dazu siehe in [1]
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[1] „Neue Theologie Physik Indizien Experimente“, Albert Déran